...someplace, where there isn't any trouble? Do you suppose there is such a place, Toto?

LarryO über den Checkin in NT3.1

In einem der letzten Postings von Larry Osterman beschreibt Larry, wie die Checkins in NT3.1 vom Gottvater von NT, Dave Cutler, mit einem Whiteboard organisiert wurden. Echt interessant zu lesen. Wer das interessant findet, wird auch das folgende Buch interessant finden: "Der Krieg der Codes" von G. Pascal Zachary. Ich glaube, nicht einmal dem ewig geistig kohärent (!) brudergleichen DEI habe ich bisher dieses Buch nahegelegt, drum mache ich das jetzt mal hier stellvertretend. Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, war es out-of-print, aber wer weiß, vielleicht gibt es das Buch ja wieder. Meine lieben KollegInnen bei επτ€σ dürfen mich natürlich gerne in Mission Control aufsuchen und es ausleihen. Aber nur die lieben.

Worum geht es in der Schmonzette? Es wird ein Stück Industriegeschichte beschrieben, nämlich die Entwicklung von NT3.1 von 1988 bis 1993. Aber nicht irgendwie als nüchterner Report, sondern dadurch, daß die Menschen, die hinter diesem Produkt standen, einfühlsam und teilweise fast biographisch beschrieben werden. Neben vielen Anekdoten aus dieser Zeit kriegt man hier halt so mit, was für ein herausragender Ingenieur Dave Cutler bei DEC war und was für ein luxuriöses Leben sein Team bei DEC hatte, bis es der Firma Ende der Achtziger plötzlich schlechter ging und man ihn eiskalt abserviert hat. Dann, wie er bei MS angeheuert hat und nach und nach sein ganzes altes Team von DEC zu MS rüberzog. Aber nicht nur Lichtgestalten wie Cutler werden beleuchtet. Man erfährt beispielsweise, wie MS den Archtitekten von NTFS einen Segeltörn bezahlt hat und während dieses Sabbaticals auf hoher See die Specs von NTFS entstanden. Oder daß einer der Hauptdesigner der NT Security gleichzeitig in seiner Freizeit der Autor von diesem komischen Spiel war, das mit Win32s ausgeliefert wurde. Man erfährt, was für einen schweren Stand die Mädels im Team hatten, die zu ihren männlichen Kollegen ins Büro kamen wo gerade der Bildschirmschoner überwiegend nackte Tatsachen präsentierte, bis eine energische Kodiererin die Sache in die Hand nahm. Man erfährt von Ehen von Entwicklern, die in die Brüche gingen, weil das Klappbett unter dem Schreibtisch praktischer war als Heimfahren, zwei Stunden Schlaf und dann wieder Codeschreiben. Von Leuten, die als Tester das Betriebssystem und MS vor Katastrophen bewahrt haben. Aber auch von altgedienten Leuten bei MS, die sich über Jahre hinweg als Treiberentwickler verdient gemacht habe und diesen Sprung einfach nicht mehr verkraftet haben. Auch interessant ist die Beschreibung des schwierigen Integrationsprozesses der hochnäsigen DEC-Leute unter den hemdsärmeligen Microsofties, bis mit Steve Wood ein renommierter Alt-Microserf ins NT-Team kam und das Eis gebrochen hat. Für die Entwickler unter den Lesern auch interessant die Geschichte mit Chuck Whitmers GDI Team, das sich dem aktuellen Trend Anfang der Neunziger folgend, ganz heftig in das noch junge C++ verliebt hatte und dann komplett zurückrudern mußte, weil OO damals (wie heute auch) noch nicht wirklich verstanden wurde. Auch interessant, wie - um den Kreis zu LarryO zu schließen - DaveC sich damals nicht zu schade war, das Build-Lab von NT zu leiten. Diese Episode aus diesem Buch, war für mich der Anlaß, bei SGLs Frage im Value Pack Office in Nellingen im Juli 2002, ob jemand beim Buildmastering helfen könnte, mich spontan freiwillig zu melden - obwohl noch in der Probezeit und ohne Rechte zum Auschecken. Ich dachte mir: Wenn's dem DaveC nicht geschadet hat, kann ich auch noch was lernen als Buildmaster.

Solche Bücher sind spannend beim Lesen. Wenn man dann durch ist, ist man enttäuscht, zur falschen Zeit am falschen Ort geboren zu sein. So ging's mir schon öfters. Als später Teenie wünschte ich im New York der Vierziger dabeigewesen zu sein, als Charlie Parker und Dizzie Gillespie mit ihrer Musik die Luft zum Kochen gebracht haben und vor knapp 10 Jahren, als ich dieses Buch gelesen habe, habe ich mir gewünscht, bei dieser Aufbruchstimmung und diesem unbedingten Willen zu Stabilität, Robustheit, Sicherheit und gesunden Ingenieurspraktiken beim Software-Engineering dabei gewesen zu sein.

Seufz.

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